Markenrecht: Interview mit der Rheinischen Post

Stefan Wimmers arbeitet als Rechtsanwalt in Mönchengladbach und ist spezialisiert auf Markenrecht. Vor einigen Jahren vertrat er etwa eine lokale Musikgruppe namens „Ms. Bean“, die vom britischen Komiker „Mr. Bean“ verklagt wurde. Auch der aktuelle Fall der Abmahnung für eine Abi-Party in Ratingen ist ihm bekannt – und kein Einzelfall. Im Interview erklärt Wimmers wichtige Aspekte des Markenrechts und gibt Tipps.

Wo laufen Menschen Gefahr, gegen ein Markenrecht zu verstoßen?
Es handelt sich um einen Verstoß gegen das Markenrecht, wenn eine geschützte Marke oder ein Zeichen verwendet wird, ohne dafür zu bezahlen. Eine Marke ist allerdings nicht immer auch im Markenregister eingetragen – auch Unternehmen oder Projekte, die seit vielen Jahren einen Namen tragen, können als Marke gelten.

Gibt es Umstände, unter denen Marken verwendet werden dürfen?
Viele eingetragene Marken haben keinen wirklichen Bestand, weil etwa Begriffe aus dem täglichen Leben geschützt werden. Solche Wörter sind keine Marken. Das Markenamt prüft zwar formale Kriterien und erlaubt die Eintragung, doch eine Marke kann auch in einem Verfahren angefochten werden. Im Erfolgsfall gibt es ein Löschungsverfahren, doch solche Prozesse sind teuer und lang. Es braucht also Mut, Geduld und Kapital, deshalb machen es die wenigsten.

Werden heutzutage mehr Marken angemeldet als früher?
Ja, häufig spielt dabei das Phänomen des Trittbrettfahrens eine große Rolle. Menschen wollen ihre eigenen Produkte besser platzieren und profitieren durch eine Ähnlichkeit oder gar Verwechslungsgefahr mit anderen Begriffen von deren Popularität. Es hat sich rumgesprochen, dass man mit Marken-Anmeldungen Geld machen kann. Auch soziale Medien spielen dabei eine Rolle.

Inwiefern?
Soziale Medien sorgen für eine drastisch größere Öffentlichkeit, die schier unbegrenzt ist. Damit hat sich auch die Definition des „öffentlichen Raumes“ gewandelt. Früher gab es kaum Möglichkeiten, Werbung oder Marketing in großem Rahmen zu verbreiten. Durch das Internet und soziale Netzwerke besteht permanent die Gefahr einer Rechtsverletzung – etwa beim Hochladen eines Fotos, das gegen Persönlichkeitsrechte verstößt. Plakate auf der Straße oder in Schulen aufzuhängen, zählt auch als „öffentlicher Raum“. Doch die wenigsten Anwälte erfahren etwas von dieser Art der Werbung. Sie werden meist erst darauf aufmerksam, wenn Veranstaltungen über Facebook und Co. beworben werden. Einige Juristen haben sich darauf spezialisiert und suchen gezielt nach Inhalten für Abmahnungen.

Kann man gegen die Klagen vorgehen?
Bei eingetragenen Marken geht es nicht um Kenntnis oder Unkenntnis der verletzten Markenrechte oder Verschulden. Warum es passiert ist, ist egal. Die Zurkenntnisnahme zählt: Der Tatbestand ist durch die Verbreitung und Veröffentlichung im Internet gegeben. Anders sieht es aus, wenn die Marke angefochten wird.

Im Fall in Ratingen wurden 3100 Euro gezahlt – ist das eine typische Summe im Markenrecht?
Dabei handelt es sich um die Anwaltskosten, die für die Abmahnung fällig werden. Sie sind der Gegenstand der Markenrechtsverletzung – danach berechnet sich die Höhe. Es können allerdings zusätzlich auch noch Lizenzkosten anfallen – je nach Gebührenordnung können das sogar 150.000 Euro sein.

Was gilt es zu beachten, um eine Markenrechtsverletzung zu vermeiden?
Man sollte grundsätzlich immer überlegen, was man veröffentlicht – vor allem im Internet. Entscheidend ist die Frage: Verletze ich damit irgendwelche Rechte? Um einem Verstoß vorzubeugen, empfiehlt sich eine gründliche Recherche. Fallen einem beim Googlen des gewünschten Namens Treffer von Firmen, Projekten, Partys etc. auf, sollte man besser einen anderen Namen auswählen. Hilfreich ist außerdem das deutsche Markenregister, in dem alle Marken gelistet sind. Es ist kostenlos online abrufbar unter www.dpma.de/marken/markenrecherche. Sicherheitshalber sollte zusätzlich aber auch das europäische Markenregister beachtet werden: www.euipo.europa.eu/ohimportal/de/databases.